Mittwoch, 21. Februar 2007

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 3

Ich bezog also stolz wie Bolle meine erste eigene Wohnung, 23 qm möbiliert für 370 Mark bei 1000 netto die ich verdiente. Die Wohnung lag im zehnten Stock. Was mir bislang keiner so richtig erzählt hatte war das die Potsdamerstrasse damals der Berliner Rotlichtbezirk war. Man hatte mir bei der Hausverwaltung erzählt, das die Post eine komplette Etage gemietet hatte und das vorwiegend Westdeutsche im Haus wohnten, die gerade nach Berlin gezogen seien, das war ich ja schließlich auch.
Die Frauen die ich hin und wieder im Fahrstuhl traf sahen schon ziemlich merkwürdig aus, ziemlich aufgedonnert, heute würde ich nuttig sagen, manchmal hatten sie aber auch ein Kreuz wie ein Holzfäller und sprachen auch sehr komisch, mit relativ tiefen Stimmen. Manchmal glaubte ich sogar etwas Bartwuchs erkennen zu können, die sahen dann richtig gefährlich aus.
Das Frauen gefährlich sein können wußte ich seit meiner Kindheit. Als Fünfjährige hatten wir in einem Park ein Kondom entdeckt und rätselten was das sein könne. Fritz kam dazu. Er war schon sechs, also fast erwachsen. Schulmeisterlich klärte er uns auf und erzählte uns das sei ein Gummischutz, den brauche man für den Schniedel wenn man Kinder machen wolle.
Mir war zwar nicht ganz klar wie Kinder machen funktionierte aber es mußte sehr gefährlich sein wenn man einen Schutz dabei brauchte, das lag dann sicher an den Frauen. Spinnenfrauen fressen ja auch ihre Männer auf.
Ich war zutiefst beunruhigt und achtete fortan darauf das beim pinkeln keine Mädchen in der Nähe waren - sicherheitshalber.
Auf meiner Etage lebten Jimmy und Agnes, ein nettes Pärchen mit dem ich mich gleich anfreundete. Die erzählten mir das ganze Haus sei voller Schwuler, Transen, Zuhälter und Nutten. Es seien kaum normale Leute dabei - die beiden hatten recht. Nach 14 Tagen dann der erste Mord im Haus, ein anderer wurde in seinem Apartment eingemauert und mußte durch die Feuerwehr befreit werden. Ein neues Paar zog in unsere Etage. Ab diesem Tag kläffte ein Riesenschäferhund auf dem Balkon, jede Nacht, bis in die frühen Morgenstunden. Manchmal waren 30 Leute im Flur versammelt, aus der ganzen Nachbarschaft, die sich beschweren wollten - aber da war nie jemand zu Hause. wir holten die Polizei, die zuckten nur mit den Achseln und dann kamen sie irgendwann gar nicht mehr, wenn man anrief. Wir versuchten es mit in Wurst eingepackten Schlaftabletten die wir auf den Balkon warfen, es half nichts, der Hund kläffte einfach weiter.
Ich wußte mittlerweile wer dort wohnte, ein blutjunger Zuhälter, der eine Türkin auf den Strich schickte.
Ich fuhr also eines nachts zu dem Puff wo ich sie mal hatte stehen sehen. Da stand sie auch und er war dabei. Ich pflaumte ihn an, er solle seinen Hund mal ruhig stellen und wußte im selben Moment - bad idea. Er war zwar nicht kräftig genug und wagte es erst gar nicht mir eins aufs Maul zu hauen aber ruck-zuck war ich von heftigen, tätowierten, kräftigen, böse dreinschauenden Kerls umringt. Was ich denn wolle machte mich der Kräftigste von ihnen an. Äh - äh das sah gefährlich aus und in diesem Moment dachte ich das ich doch in meinem Dorf hätte bleiben sollen und brav zur Bundeswehr gehen.
Ich fasste all meinen Mut zusammen und trat auf den Typ zu immer damit rechnend eine gedröhnt zu bekommen. Du scheinst hier der Chef zu sein, sagte ich zu ihm. Er nickte und verschränkte die Arme die meine Oberschenkel hätten sein können vor der Brust. Weißt Du ihr arbeitet nachts und wollt tagsüber eure Ruhe haben, ich arbeite tagsüber und will nachts schlafen und dann erzählte ich die Geschichte von dem Hund und das die ganze Gegend nicht schlafen könne.
Er hörte sich alles ruhig an, bot mir eine Zigarette an und als wir dann rauchten sagte er ganz ruhig zu dem Jungzuhälter: Du gehst jetzt nach Hause, holst den Hund und wenn ich noch eine Beschwerde höre gibts was aufs Maul, die Leute wollen schlafen, die müssen morgens arbeiten.
Soviel Klugheit, Konsequenz und Sachverstand würde ich mir manchmal von den Politikern wünschen.
Ein Wunder war geschehen. Ich hatte keine Zähne verloren, war nicht schwer verletzt, kein Haar war gekrümmt und ich konnte fortan in Ruhe schlafen.
Leider wohnten noch mehr Zuhälter im Haus.

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