Mittwoch, 28. Februar 2007

Hurra, ich bin beim Film, Teil 2

Ich bewarb mich überall, ohne Erfolg, bis mir jemand steckte das Brunnemann der Chef alle Synchronkollegen von sich angerufen hatte und sie vor mir gewarnt hatte.
Doch dann passierte das Wunder, eine Firma antwortete. Geyer Synchron hatte meine Bewerbung in eine andere Abteilung gegeben zum Kopierwerk. Die Geyer Werke waren damals das beste Filmkopierwerk in Berlin. Dort wurden Profifilme in 35 und 16 mm entwickelt und kopiert. Besser als gar nichts. Ich stellte mich dort vor. Herr Rabs der Kopierwerksleiter war ein kompetenter Mann, ich solle erstmal anfangen sagte er und dann innerhalb des Kopierwerks durch verschiedene Abteilungen rotieren. Ich sagte zu. Es gab richtig Geld für diesen Job und das Betriebsklima war gut. Ich landete zuerst in der Filmvorführung, eine Art Kino in der die Kopien vor Auslieferung an den Kunden geprüft wurden. Ich war plötzlich Filmvorführer. Dort saß Karla. Sie sah aus wie eine Lehrerin, war korpulent und etwa 2 Jahre vor ihrer Pensionierung. Sie trug ein dicke Brille mit Flaschenböden und mußte trotzdem kurz vor der Leinwand stehen um den Film sehen zu können. Trotz dieses Handicaps war sie super in ihrem Job, eine Seele von Mensch und fortan wurde ich von ihr bemuttert und versorgt. Jeden Morgen gab es irgendetwas zum Naschen. Ich nahm innerhalb kürzester Zeit 5 Kilo zu. Auch die anderen Mitarbeiter waren supernett und ich fühlte mich in dieser Beziehung sauwohl dort, obwohl der Job als Vorführer nicht so toll war. Wir prüften nämlich zwischen 8 und 10 erstmal Pornofilme, ziemlich eklige Produktionen waren dabei. Hin und wieder sah ich Kinofilme, lange bevor sie ins Kino kamen. Ich lernte Wim Wenders zu hassen. Seinen Film „ Im Lauf der Zeit „, der sowieso Überlänge hat, mußte ich 35 mal ansehen. Seitdem ist mein Bedarf an Wim Wenders gedeckt und in meinen schlimmsten Albträumen sehe ich Rüdiger Vogler irgendwo in die Pampa kacken ( eine Szene aus dem Film ).
Es gab irgendwo eine Stempeluhr und ich kam jeden morgen zu spät, nur 5 Minuten, aber zu spät, denn es war in der ersten halben Stunde eh nichts zu tun. Nach Wochen mußte ich deshalb zum Chef. Er fragte mich warum ich immer zu spät käme, ich erklärte ihm das eh nichts zu tun sei und ich außerdem fast jeden Tag Überstunden mache, es sei doch viel wichtiger für die Firma, wenn jemand dazu bereit sei. Er schaute mich kurz an und sagte: Kommen Sie wann sie wollen, Hauptsache sie kümmern sich auch nach Dienstschluß um unsere Kunden. Ja das war Geyer, eine wirklich gute Firma mit toleranten Bossen, die auch mal mitdachten.
Mit Karla hatte ich ein super Verhältnis und mit den anderen Mitarbeitern auch, ich habe dort nicht einen einzigen unangenehmen Typen getroffen, leider blieb ich erstmal in der Vorführung und kam erst viel später in andere Abteilungen. Dann bekam ich zwei Praktikanten Jürgen und Kai, die waren sehr nett und wir verbrachten viel Zeit zusammen. Sie machten das Praktikum, weil sie es für eine Fachhochschule brauchten in der man zum Kameraassistenten ausgebildet wurde.
Kameraassistent hörte sich interessant an. Man brauche mittlere Reife, ein halbjähriges Praktikum und müsse eine Aufnahmeprüfung bestehen erfuhr ich. Die Aufnahmeprüfung sei in der kommenden Woche.
Ich rief sofort dort an, ja ich könne noch kommen und mitmachen hieß es. Das Praktikum fehlte mir allerdings. Ich ging zu Dr. Geyer und fragte ihn ob er mir meine Tätigkeit bei Geyer auch als Praktikum bescheinigen könne und erklärte ihm warum. Zwei Stunden später hatte ich die Bescheinigung. Es waren noch 5 Tage bis zur Aufnahmeprüfung und ich hatte keine Ahnung. Ich nahm Urlaub und kaufte mir ein Buch: Kurt Solf - Filmen. Das lernte ich mehr oder weniger auswendig und trat zur Prüfung an. Über 400 Bewerber gab es für nur 25 Plätze. Allerdings war das Buch anscheinend ziemlich gut gewesen. Ich hatte kaum Probleme mit den Fragen. Die einzige Frage bei der ich auf dem Schlauch stand war folgende: was sind die Aufgaben eines Kameraassistenten ? Ich schaute zum Nachbar. Schärfe ziehen, Blenden ziehen, Kassetten ein und auslegen stand da, aha. Wird wohl so sein dachte ich und schrieb es auf ohne zu Wissen was damit eigentlich gemeint war.
An nächsten Tag erfuhren wir die Ergebnisse. Ich war unter den Besten und war angenommen, eine totale Überraschung.
Ich kündigte bei Geyer, Karla war sehr traurig, sie hätte mich gern als ihren Nachfolger gesehen. Aber keiner war sauer, alle beglückwünschten mich, denn sie wussten, das ich ihnen als Kunde erhalten blieb. Jürgen hatte es auch geschafft, Kai leider nicht aber um den brauchten wir uns keine Sorgen zu machen sein Vater war ein Promi, der würde immer etwas finden.

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