Freitag, 9. März 2007

Wir Kinder vom Bahnhof Zoo - Teil 2

Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo
Zuerst einmal zog ich zu Hans, dem Kamera-Assistenten, der hatte eine Riesenwohnung in der Pallasstrasse am Winterfeldtplatz - endlich wieder eine Dusche. Es ging auch gar nicht anders, meine alte Wohnung lag in Schutt und Asche.
Nach meiner Rückkehr stellte ich fest das alle meine Wände nass waren. Der Mieter über mir ließ seit Tagen das Wasser überlaufen. Die Hausverwaltung reagierte nicht auf meine Klagen. Irgendwann als ich gerade die Toilette verlassen hatte machte es rumms und der gesamte Putz fiel von den Wänden und die Decke kam runter, nun war meine Bude endgültig unbewohnbar.
Es gab noch ein anderes Problem.
Mein Nachbar auf demselben Stock, ein Suffkopf, den ich bisher immer nur morgens auf dem Weg zur Uni gesehen hatte, mit einem Handwagen voller Bier und Korn auf dem Weg in seine Wohnung, hatte mich mal auf ein Bier eingeladen. Anstandshalber war ich rübergegangen. Die Bude war voller Trinker, voller menschlicher Ruinen, die sich im Akkord betranken, auch Frauen waren dabei. Nach einer Stunde sagte mein Nachbar, so jetzt rutschen wir über die Mädels und dann gehen wir zum Bahnhof Zoo einen trinken, alle lachten und begannen sich auszuziehen. Igittigitt, ich machte mich sofort vom Acker. Fortan hatte ich Probleme wenn mein Nachbar außer Haus soff. Dann bollerte es nachts um drei an meine Tür, einer seiner sturzbetrunkenen Freunde stand dann meist da und lallte: Ey Kumpel, kann ich bei Dir mal ein Bier trinken. Erst wollte ich mir für diese Gelegenheiten einen Baseballschläger besorgen. Der Umzug zu Hans war aber die bessere Lösung.
Die Vorbereitungen für den Dreh waren in vollen Gange. Ich hatte einen Höllenrespekt vor all den Profis, hatte ja keine Ahnung, das viele auch am erst am Anfang ihrer Karriere standen.
Mit Nadja gab es ein Problem, sie hatte noch keinen Busen. Colin Arthur unser Maskenbildner ein absoluter Profi und superkomischer Engländer modellierte ihr einen Gummibusen, den sie beim Drehen immer anschnallen mußte. Er wollte immer bei Babette der Regieassistentin Maß nehmen, aber die zierte sich, so mußte er sich auf seine Eingebung verlassen. Er konstruierte auch die Spritzen, die wir verwendeten, sodaß es echt aussah ohne im Film schneiden zu müssen ( Flüssigkeit rein, Blut raus ). Die Dreharbeiten verliefen sehr harmonisch.
Myrella die Kostümbilderin brachte ab und zu mal ihren Freund mit zum drehen, der half mir hin und wieder die Kamerakoffer zu schleppen, wenn er sich langweilte - ein sehr netter Amerikaner. Als ich dann Tage später erfuhr wer das überhaupt war, konnte ich es gar nicht fassen. Es war Edwin Moses, der Goldmedaillengewinner über 400m Hürden und mehrmalige Weltmeister. Ein sehr bescheidener, freundlicher Mann. Die zwei heirateten dann 1982 und Myrella zog nach L.A.. Später wurde dann Edwin irgendwann von der Polizei mit einer Prostituierten erwischt und sie ließen sich 1991 wieder scheiden.
Die Dreharbeiten zogen sich in die Länge, wochenlang drehten wir in einer Wohnung die wir als Fixerwohnung herrichteten, das heißt die sah dann aus wie die Küche bei Hans und mir, unsere Abteilung verdorbene Lebensmittel.
Jedes Teammitglied brachte seinen Hausmüll mit und den kippten wir dann in die Wohnung, Sagrotan drüber und fertig. Das sah sehr authentisch aus, war aber ziemlich eklig.
Jürgen Jürges der Kameramann war ein Meister seines Fachs und Hans war ein Spitzenassistent, ich konnte viel von ihnen lernen.
Unseren Regisseur Uli Edel fand ich ebenfalls gut, aber Uli war ein lausiger Autofahrer, er fuhr immer ziemlich ziel und planlos. Er hatte einen alten Volvo. Vor unserem Motiv wurde gerade der Gehweg repariert, das störte natürlich bei den Dreharbeiten. Eines Tages als gerade keine Bauarbeiter da waren nahmen Udo Gaidosch der Requisiteur und ich die Platten und wollten sie verschwinden lassen. Mangels Versteckmöglichkeiten, packten wir sie in den Kofferraum des nächstbesten Autos. Es war Ullis Volvo. Damit sie dort nicht all zu sehr polterten, fütterten wir den Kofferraum mit vollen Müllsäcken aus unserem Bestand auf.
Der Volvo lag nun ziemlich tief, waren schon ein paar Zentner Platten im Kofferraum. In den folgenden Tagen beschwerte sich Uli über den hohen Benzinverbrauch seines Volvos und das er schlecht beschleunige. Eines Tages kam er mit dem Taxi zum Drehort, er hatte den Wagen in die Werkstatt gebracht, weil es streng roch und er zu viel Benzin verbrauchte. Am nächsten Morgen kam er wieder mit seinem Volvo an. Wie es der Zufall so will standen ausgerechnet Udo und ich zusammen draussen, da ich Kassetten einlegen mußte. Uli lachte und erzählte uns irgendein Scherzkeks habe seinen Wagen voller Gehwegplatten geladen, ob wir das mal schnell ausräumen könnten. Das taten wir dann auch, der Inhalt der Müllsäcke war aber schon in einem hochgradigen Stadium der Verwesung, ziemlich eklig ( Ja Uli, jetzt weißt Du es, wir waren es, hatten es aber im Prinzip gut gemeint )
Unser Produzent Bernd Eichinger ließ sich relativ selten am Drehort sehen, er war auch im Gegensatz zu allen anderen etwas unnahbar, aber nicht unangenehm.
Unsere nächsten Motive waren die Klos unter den S-Bahnbrücken der Kleiststrasse, also direkt im Fixerkiez. Die wurden gesäubert und dann mit Schokolade verschmiert, damit sie schmutzig aussahen. Zweimal konnten wir nicht drehen, da irgendein Fixer sich dort den goldenen Schuß gesetzt hatte und die Leiche erst abtransportiert werden mußte. War schon ein komisches Gefühl dann dort zu drehen. Mehrmals kamen dann auch Fixer, bedrohten uns und forderten Zutritt zur Toilette. Die hatten dann dort irgendwo ihren Stoff versteckt. Wenn sie wieder rauskamen waren sie viel entspannter und auf dem Klo lag dann die blutige Spritze.
Einmal drehten wir am Lehniner Platz mit künstlichem Regen, das funktionierte aber nicht so gut, der Regenmacher war ein Stümper. Es war ein subjektiver Schuß aus einem Auto heraus. Nadja mußte im strömenden ( künstlichen ) Regen agieren.
Ich saß mit Jürgen dem Kameramann und dem Tonmeister mit der Kamera im Auto, Hans führte eine weite Kamera. Der Ton ist bei solchen Szenen nicht zu verwenden, aber der Tonmann wollte sicherheitshalber trotzdem den Ton aufnehmen. Jürgen dachte der Ton würde eh im Müll landen und fluchte vor sich hin: Da regnets, da regnets nicht, diese Dilettanten, das klappt doch so nie, guck mal da kommt ein voller Strahl runter. Er konnte sich gar nicht beruhigen.
Am nächsten Tag bei der Mustervorführung ( bei der Mustervorführung schaute man sich das Material an, das am vorigen Tag gedreht wurde, um es zu kontrollieren, wir drehten ja auf 35 mm Film und nicht auf Video ) wurde Jürgen immer kleiner in seinem Kinositz, als er sein Gefluche hörte. Der Schneideraum hatte den Ton mit seinen Flüchen aus Versehen an den Film angelegt. Jürgen drehte sich zu Lothar dem Tonmeister um und sagte nur: das war ja nun wirklich nicht nötig.
Unser nächstes Motiv sollte die berühmt berüchtigte Original Discothek Sound in der Genthiner Strasse sein.




Das Sound war ein versiffter Laden, Treffpunkt der Drogenabhängigen. Dort hatte sich ein Teil der Originalgeschichte der Christiane F. abgespielt. Ich kannte den Laden schon vorher, war nicht so mein Ding, zu viele Menschen für die das Leben schon fertig war bevor es überhaupt begonnen hatte.
Die echte Christiane F. spielte als Statist in einigen Szenen mit. Sie war für mich eine Enttäuschung. Eine unscheinbare, junge Frau ohne Charisma. Erst dann wurde mir klar, das ihr Schicksal nur eines von vielen, nahezu identischen Schicksalen war. Sie hatte nur das Glück gehabt jemanden zu treffen, der sich für ihr kaputtes Leben interessierte und es aufschrieb. Es gab sicher noch viel extremere Schicksale in dieser Szene.
Nun kommt die zweite Enttäuschung aber im Prinzip auch eine positive Erfahrung. Ich bemerkte oft jemanden der im Hintergrund rumstand und die Dreharbeiten beobachtete. Er war etwa 1,70 groß, Mitte 30 und keineswegs auffällig oder extravagant. Irgendwann ging ich durch Zufall dichter an ihm vorbei. Er war keineswegs sofort zu erkennen, aber er war es: David Bowie, dessen Musik, den ganzen Film prägt. Er wohnte damals in Berlin. Er hielt sich unauffällig im Hintergrund auf, mischte sich nicht ein, keine Allüren, kein Stargetue. Ein ganz normaler Mann. Enttäuschend auf den ersten Blick, angenehm aber sein Verhalten und sein ganzes bescheidenes Auftreten.
Sein Konzertausschnitt aus dem Film ist allerdings eine Mogelpackung. Das Konzert selbst wurde in New York gefilmt, nur Nadja war dort und natürlich Uli Edel, der Regisseur selbst. Alle Szenen vor der Bühne wurden in der Berliner Deutschlandhalle gedreht, in den Umbaupausen eines Konzerts von Whitesnake und ACDC. Das Publikum selbst wurde bei dem ACDC Auftritt gedreht. Film ist halt Illusion, damit muß man leben. Bei den Strichszenen vor dem Sound kam auch mein damaliges Auto zum Einsatz ein braunmetalliger Fiat 124 Coupe. Eine Szene werde ich nie vergessen. Unser damaliger Produktionsleiter Harald Muchametow spielte auch kurz mit. Er spielte einen Spaziergänger der von Nadja angeschnorrt wurde. Er gab ihr nichts, daraufhin sagte sie Alter Wichser zu ihm und er haute ihr eine runter. Fortan mußte ich immer an diese Szene denken wenn ich Harald traf.
Eines Nachts drehten wir auf dem Dach des Europacenters. Ein paar Tage vorher war gerade Hochhaus in Flammen in den Kinos angelaufen. So gegen fünf Uhr früh fuhren plötzlich einige Löschzüge der Feuerwehr vor. Per Walkie Talkie kam die Anweisung, keiner verlässt das Dach, keine Fahrstühle benutzen.
Wir schauten mit mulmigen Gefühlen die 20 Stockwerke nach unten. Gott sei Dank hatte nur ein Papierkorb in einem der Büros Feuer gefangen. Wir atmeten auf als die Entwarnung kam.
Die nächsten Tage gab es alllerdings schlechte Nachrichten.

Montag, 5. März 2007

Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo

Es war schon etwas abartig in Teenie Discos zu verkehren und kleine Mädchen und kleine Jungs zu beobachten. Da gab es schon einige Sprüche zu hören wie Spanner, Kinderf... usw. Das schlimme war nur das dort tatsächlich viele ältere Männer verkehrten, um kleine Mädchen abzuschleppen.
Wir kamen mit dem Casting gut voran und irgendwann brachte Babette, die Regieassistentin Kathrin mit. Sie war 13 und wirklich begabt und wir waren uns alle einig, das sie die Hauptrolle bekommen sollte, sie war einfach mit Abstand die Beste.
Bei den Jungs waren wir weniger erfolgreich. Den Typen, der für die Hauptrolle auserkoren wurde fand ich persönlich zu blass, zu unbegabt, aber ich war ja nur ein kleines Licht und hatte keine Entscheidung zu treffen, obwohl natürlich jeder ohne Probleme seine Meinung sagen konnte.
Ab sofort machten Hans und Jürgen die Probeaufnahmen mit dem Paar nur noch auf Film nicht auf Video und Kathrin spielte ihren Partner immer an die Wand. Es gab noch ein anderes Problem, egal wie Kathrin geschminkt wurde, sie war einfach zu hübsch. Sie sah immer zu gesund aus und nie wie eine Fixerin. Als ich eines Tages ins Produktionsbüro kam erfuhr ich das Kathrin doch nicht die Hauptrolle bekommen sollte.
Nachdem sie einige Tage lang wie die zukünftige Hauptdarstellerin behandelt worden war, hatte man ihr einfach so gesagt, das sie die Rolle nicht bekäme. Die Entscheidung war richtig aber die Art wie man es ihr gesagt hatte war nicht OK gegenüber einem dreizehnjährigen Mädchen. Kathrin irrte enttäuscht und heulend durch die Stadt, aber Hans der Kamera-Assistent war sofort losgefahren und suchte sie. Er fand sie und kümmerte sich in den nächsten Tagen um sie. Die beiden heirateten einige Jahre später.
Eine neue Hauptdarstellerin wurde schnell gefunden. Sie hieß Nadja Brunckhorst, war ebenfalls sehr begabt und damit war das Casting beendet.
Mittlerweile gab es eine neue Erfindung im filmtechnischen Bereich, Steadycam hieß sie. Der Kameramann trug dabei eine Art Korsett, ohne Strapse selbstverständlich, auf einem Gelenkarm der aus dem Korsett ragte wurde die Kamera installiert, kardanisch aufgehängt. Nun konnte der Kameramann damit Personen folgen ohne das es sehr wackelte. Das Kamerabild wurde auf einen kleinen Monitor ausgespiegelt, sodaß er sehen konnte was gerade im Bild war. Wir waren glaube ich die ersten in Deutschland die dann diese Erfindung in einem Film verwendeten.
Jürgen ließ sich die Steadycam sofort kommen.
Einige Wochen später sollten die Dreharbeiten beginnen, aber es war nicht ganz klar ob ich dabei sein würde.
Ich nahm sicherheitshalber erstmal einen Job in München beim ZDF an. Die Kameramänner waren sehr nett, bis auf einen der hieß Hammerstingl, er lehnte ab mit einem Assistenten aus Preussen zu arbeiten. Als ich mal den Dienstwagen mit dem Heck zur Wand eingeparkt hatte, fand ich sofort einen Zettel in meinem Fach auf dem stand: wenn 9 Wagen mit der Front zur Wand einparken, dann sollte das der zehnte auch tun. Er war ein Pedant und ein Urbayer. Der Job war nicht uninteressant, besonders ein Dreh bei Franz Josef Strauss zu Hause. So sehr man ihn politisch hassen konnte, privat war er ein Supertyp. Nachdem wir fertig gedreht hatten und die Kamera verpackt war, zog er vom Leder, lästerte über Helmut Kohl und den Rest der Welt, ein brillianter Kopf und perfekter, humorvoller Gastgeber, er füllte uns derartig ab, blieb selbst aber zu unserer Verblüffung völlig nüchtern.
Mit einem Aufnahmeantrag der CSU in der Hand und einigen Aufklebern mit einem Porträt von Franz Josef kehrte ich sturzbetrunken in mein Hotel zurück.
In München hatte ich allerhand Probleme mit dem Dresscode, mit meiner Lederjacke kam ich fast in keine Disco. Nur einmal hatte ich Zuritt zu einer Nobeldisco, denn Uli Edel unser Regisseur, der in München wohnte, hatte mich eingeladen. Zusammen mit Bernd Eichinger, dem Produzenten des Films, dem Platzhirsch der Medienbranche von München hatte ich natürlich keine Mühe reinzukommen. Das war aber überhaupt nicht meine Preisklasse.
Sonst ging ging ich ab und zu in eine Studentendisco in der Nähe des olympischen Dorfes. Eines Abend saß ich da so bei einer Cola ( ja Cola, ich saufe erst seit kurzem ), da kam eine tierisch hässliche Frau herein. Sie konnte ja nichts dafür und vielleicht war sie auch nicht so hässlich, nur ich fand sie unattraktiv. Jedenfalls steuerte sie direkt meinen Tisch an und baggerte mich sofort an. Das war für mich ein Zeichen, München war nicht meine Stadt. Im Hotel fand ich einen Zettel in meinem Fach: Bitte zurückrufen, Solaris Film. Aufgeregt rief ich am nächsten Morgen an. Ich hatte den Job, ich war Materialassistent bei „ Wir Kinder vom Bahnhof Zoo „ und die Bezahlung war auch nicht schlecht. In der kommenden Woche sollte es losgehen, ich verließ München zwei Tage später.

Sonntag, 4. März 2007

Der erste Film

Es war ein easy Job, ein bißchen tanzen, dann wieder rumstehen und warten. Christina Plate war süße 13 und spielte eine der Hauptrollen. Renate Witte, die Aufnahmeleiterin war supernett und kümmerte sich um uns. Ich hatte Zeit mich umzusehen. Mir fiel auf, als die Crew wieder mal in eine bestimmte Lichtrichtung drehte, das einige Lampen, die vorher eingeschaltet gewesen waren, nicht brannten. Ich ging zu einem der Beleuchter, Helmut Grass hieß er und wies ihn darauf hin, er schaute mich ganz verdutzt an, ging zum Kameramann. Ich sah wie er dort auf mich zeigte, dann schalteten sie die Lampen ein. Zwei Stunden später das Gleiche, sie hatten eine Lampe vergessen. Ich ging erneut zu Helmut, der bedankte sich ging wieder zu Bernd Heinl, dem Kameramann und sie schalteten die Lampe ein. In der nächsten Pause sprach mit Helmut ( er übersetzt mittlerweile englischsprachige Bestseller grandios in Deutsche ) mit seiner tiefen Bassstimme an. Woher ich denn gewußt habe, das die Lampen wichtig seien, wollte er wissen. Ich erzählte ihm meine Geschichte. Aha, sagte er nur ging zu Bernd Heinl und erzählte es ihm gleich weiter. Nach Drehende kam Renate zu mir, bedankte sich und erzählte mir das der Kameramann mich sehr gelobt habe. Ich freute mich sehr und dann fragte sie mich, ob ich am Wochenende Zeit habe. Wenn ich wolle, könne ich auf Kinder aufpassen. Auf Kinder aufpassen war nun nicht gerade mein Ding, aber es ging um was ganz anderes.
Sie hatte ein Drehbuch für mich von einem Film und Sonntag würden sich die ersten Teenies vorstellen, die für einige der Rollen vorgesehen waren. Ich solle das Buch lesen und ihnen dann was vom Film erzählen, während sie warteten. Na das war schon was anderes, ich sagte sofort zu. Am nächsten Tag sollte ich schon die Produktionsfirma besuchen.
Damit hatte mir Renate die Zukunft gesichert und ich werde ihr dafür immer dankbar sein, ihr hab ich alles zu verdanken, was danach passierte.
Christiane F. - Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, stand auf dem Drehbuch. Der Titel sagte mir gar nichts.
Ich machte mich zur verabredeten Zeit auf den Weg in die Potsdamerstrasse 96, dort war das Büro der Produktionsfirma Solaris. Sabine, die ich dort treffen sollte war aber nicht da, nur ein dunkelhaariger Wuschelkopf, der hieß Ulli und war tierisch nett. Er fragte mich aus, erzählte mir von der Produktion und wir unterhielten uns etwa eine Stunde. Ich war sehr angenehm überrascht, keine Arroganz einem Anfänger wie mir gegenüber, er behandelte mich wie einen Kollegen. Dann kam Sabine nahm mich mit in ihr Büro. „ Das war übrigens Uli Edel, unser Regisseur, mit dem Du geredet hast“, erzählte sie mir beiläufig. Whow, ich war platt, ich hatte über eine Stunde mit einem leibhaftigen Regisseur geredet. Ich hatte den Job. Sonntag fing das Casting an und das Kamerateam tauchte auf: Jürgen Jürges war der Kameramann, Hans Günther Bücking, der Assistent, beide auch supernett. Ich machte meinen Job anscheinend gut, den ich wurde für das nächste Wochenende wieder verpflichtet und bekam jede Menge Visitenkarten der Produktion. Ich sollte ein wenig in Discotheken nach geeigneten Laiendarstellern Ausschau halten. Das war nun wirklich ein Vertrauensbeweis von Uli Edel. Montag schon erhielt ich wieder einen Anruf, ich solle Dienstag mit dem Kameramann die Motive ansehen. Ich fuhr also mit Jürgen Jürges, einem Fassbinder Kameramann durch die Stadt, Motive anschauen, sehr spannend. Als wir zu den ersten Innenmotiven kamen, einer U-Bahn Station, stellte Jürgen fest, daß er seinen Belichtungsmesser ( Spotmeter ) vergessen hatte. Ich gab ihm meinen, den ich im Auto hatte. Nun wurde Jürgen neugierig. Warum hast Du einen Spotmeter, fragte er ? Wieder erzählte ich meine Geschichte und das ich nun arbeitsloser Kamera- Assistent sei. Aha, das werden wir schon ändern, sagte er. Fortan hatte ich die ganze Woche als Fahrer zu tun Am Wochenende waren wieder Probeaufnahmen, die Hans der Assistent machte. Beide mochten allerdings die kleine Videokamera nicht, die wir dafür benutzten, also durfte ich die Woche darauf die Probeaufnahmen alleine machen.
Ich konnte mein Glück gar nicht fassen.

Hurra ich bin beim Film Teil 3

Hurra, ich bin beim Film, Teil 3
Ich war nun plötzlich Student, aber der großen weiten Welt des Films noch keinen Millimeter näher gekommen.
Meine Mitstudenten waren ein bunt zusammengewürfelte Schar, die allerdings größtenteils schon Fernseherfahrung hatten. Die meisten waren aus Deutschland, ein Student war aus Pakistan, einer aus Bangladesch und einer aus Jordanien. Einer von ihnen Achim Poulheim ist jetzt ein berühmter Kameramann, einer wurde Programmdirektor, die anderen sind bei irgendeinem Sender untergekommen, nur aus mir ist anscheinend nichts Vernünftiges geworden.
Die Dozenten waren zwar zweite Wahl aber kompetent und ganz OK, bis auf einen, der war ein superreaktionäres Arschloch und wollte mich Absägen, was ihm aber nicht gelang.
Ich hatte ganz andere Probleme. Mir fehlte jetzt das Geld von Geyer, mit dem Bafög kam ich nicht weit. Also zog ich in den Wedding. Hinterhof, Erdgeschoß sehr dunkel ohne Dusche aber dafür mit Heizung, kostete etwa 150 DM warm. Praktischerweise ( das Rechtschreibprogramm macht mich fertig, was ist jetzt schon wieder falsch und warum vor allen Dingen, ich lass es jetzt so stehen - scheiß Rechtschreibreform ) wohnte Holger ein Mitstudent in der gleichen Strasse, dort konnte ich duschen. Was tut man nicht alles um sein Auto finanzieren zu können, einen Fiat 124 Spider, ein Superauto.
Ich konnte allerdings jobben und zwar in der Lichtpauserei in der ich mal angefangen hatte, als ich nach Berlin kam, das war schon mal stark zumal der Chef ein Supermotto hatte: Pausen müssen sein. Er meinte allerdings seine Lichtpausen damit, keine Arbeitspausen.
Dann baggerte ich die Verkäuferin von GOVI an, meinem Lieblingsplattenladen. Die mochte mich anscheinend auch und stellte mich ihrem Freund Lutz vor dem Geschäftsführer. Schon hatte ich meinen zweiten Job und sogar in einem Plattenladen. Lutz war ein super Typ, ich mochte ihn sehr und hörte sofort damit auf seine Freundin anzubaggern. Der Job war gut, die Bezahlung auch. Leider blieb von dem Geld nie was übrig, da ich es sofort in Lps umsetzte die ich mit Personalrabatt bekam, teilweise kosteten die Lps dann nur noch ein paar Mark.
Dann mußte ich auch noch meinen Lebensrhythmus ändern, von acht bis halb drei Uni, die hieß übrigens SFOF, staatliche Fachschule für Optik und Phototechnik. Ab 3 dann jobben bis 6, dann ins Bett, schlafen bis 23 Uhr und dann ins Superfly einer angesagten Disco am Adenauerplatz oder ins Highfly oder Flyhigh ( zwei Kneipen nebeneinander ), dann gab es noch das Tolstefanz, das Linientreu, den Dschungel und das Sound. Im Sound verkehrten wir nicht, da waren nur Fixer. Berlin war ein heisses Pflaster damals, die Musik zu dieser Zeit war geil und es war die Hölle los. War im Superfly mal nichts los, gingen wir über die Strasse, da war ein Kino und dort hatten wir freien Eintritt als Filmstudenten. Die hatten Vorführungen die ganze Nacht über, um 12 ( null ), um zwei und um vier. Dann fuhr ich meistens gegen vier Uhr früh nach Hause und schlief noch ein paar Stunden. Dieser Lebensrhythmus hatte allerdings auch ein paar Nachteile.
Ich wurde wach, es war noch dunkel draußen, es war im Dezember. Ein Blick auf die Uhr, Mist, fünf vor acht. Schnell in die Klamotten, zum Bäcker, Pech, der hatte zu, wieso eigentlich ? Nun gut dann ohne Frühstück zur Uni. Um 10 nach 8 parkte ich mit quietschenden Reifen. Kein Mensch da, war aber doch Dienstag, da gings um acht los. Hatte ich einen Feiertag übersehen ? Ich fragte einen gütigen Mitmenschen auf der Strasse, ob heute Dienstag ein Feiertag sei. Der schaute mich mitleidig an. Es war Montag und zwar mittlerweile 20:20. Ich war Montag gegen 16 Uhr eingeschlafen und als ich wach wurde war es nicht Dienstag morgen, sondern noch Montag Abend. Ich hatte halt nicht gerafft, das ich nur ein paar Stunden geschlafen hatte und nicht die ganze Nacht.
Jedenfalls hatte ich während meines Studiums weniger Fehltage im Superfly als in der Uni. Aber auch das Studium lief gut. Ich hatte die Idee zu einem Film, die Umsetzung einer Kurzgeschichte von Hanns Heinz Ewers: Die Spinne. Drei Kollegen machten mit und wir begannen mit den Dreharbeiten. Der Hauptdarsteller wurde Dietrich ein Freund von mir aus meiner Heimatstadt, der auch in Berlin lebte und Nilgün eine bildhübsche Türkin, die ich im Superfly kennen gelernt hatte. Eigentlich sollten wir nur ganz kurze Projekte machen, so 1,5 Minuten. Dieses Projekt war allerdings etwas ambitionierter und sollte 10 Minuten dauern. Das mussten wir selber bezahlen, aber Dank meiner Kontakte zu Geyer hielten sich unsere Kosten in Grenzen.
Mittlerweile hatte ich Sonja kennen gelernt, die Tochter eines österreichischen Kabarettisten. Die machte mir schöne Augen und fragte mich, ob ich sie denn mal nach Wien fahren könne. Das machte ich natürlich sofort. Seltsamerweise wohnten wir nicht bei ihr zu Hause, sondern in einem Hotel. Am nächsten Morgen fummelte sie am Absatz ihrer Stiefel herum, entfernte die Sohle. Er war voller Heroin. Sie hatte mich benutzt um ihre Scheißdrogen zu schmuggeln, die sie in Wien verkaufen wollte. Ich stellte sie zur Rede, denn wären wir erwischt worden, hätte ich als Ausländer, obwohl ich gar nichts davon wußte den schwarzen Peter gehabt, sie als Promitochter natürlich nicht. Sie reagierte gar nicht und setzte sich erstmal einen Schuß. Ich setze mich auch, aber ins Auto und fuhr sofort nach Berlin zurück. An der bayrischen Grenze wurde ich gestoppt, Passkontrolle aussteigen, bitte rechts ranfahren. Ich gab ihnen meinen Pass und sie verschwanden damit. 30 Minuten gingen rum, eine Stunde. Ich ging ins Kontrollhäuschen wollte meinen Pass wiederhaben. Da sassen 3 Grenzer mit verschränkten Armen von denen einer sagte: komm doch und hol ihn Dir, dann gibts aber was aufs Maul. Diese Arschlöcher. Ich ging hinaus, wartete auf das nächste Auto mit Freaks, bat sie ob sie mir helfen könnten. Wir gingen dann zu fünft hinein. Mit 4 Zeugen bekam ich natürlich meinen Pass sofort zurück.
Mit Drogen hatte ich nicht viel am Hut, ab und zu mal ein Tütchen, das war es auch. Als Jugendlicher hatte ich auch mal LSD probiert, so etwa ein Jahr lang. Wir hatten einen Dealer in Heidelberg, der war sehr preiswert, ein Trip für 2,22 DM, ein Gramm Shit für 3,33 DM. Wir machten in unserem Gymnasium immer Sammelbestellungen, um diese Preise zu bekommen, wie beim Otto Versand und holten das Zeug persönlich ab. Keiner von uns hat je eine müde Mark damit verdienen wollen. Einmal schickte Pieper unser Dealer mir die LSD Trips per Post, die ganze Sammelbestellung des Gymnasiums ( kein Wunder bei einem Preis von 2,22 ), 100 LSD Trips in einem ganz normalen Briefumschlag. Meine Mutter schüttelte den Brief, der laut raschelte, gab ihn mir und fragte was da drin sei.
Ich ging schnell in mein Zimmer, dort fand ich eine Perlenkette von einer Brieffreundin von mir. Die Perlen hatten eine ähnliche Grösse. Ich ging raus und zeigte sie meiner Mutter, und sagte guck mal meine Brieffreundin hat mir eine Kette geschickt. Meine Mutter war es zufrieden. Am folgenden Freitag war unser Schulfest. Die halbe Oberstufe nahm eine Pille und da nichts passierte nach einer halben Stunde eine Zweite - das war ein schwerer Fehler, denn kurz danach begann die erste Pille zu wirken und dann die Zweite. Gegen 22 Uhr war dann das Schulfest mehr oder weniger zu Ende, denn alle Pillenschlucker hatten sich in die umliegenden Wälder abgesetzt oder irrten die ganze Nacht planlos durch unsere malerische Altstadt. 30 Jahre später besuchte ich einen Freund in Mannheim, der erzählte mir von dem Besitzer eines Buchverlages, der einmal im Jahr eine Riesenfete in einem Odenwalddorf feiere. Es stellte sich heraus das dieser Verlagsbesitzer und unser damaliger Dealer ein und dieselbe Person waren. Er war ein feiner Kerl, gute Preise und er verkaufte keine harten Drogen. Harte Drogen zu nehmen war bei uns sowieso nicht in, wer es damit versuchen wollte wurde isoliert und aus unserer Gruppe ausgeschlossen. Deshalb gab es bei uns lange Jahre keine Fixer in der Stadt.
Doch zurück zur Uni. Unser Film, die Spinne, wurde ziemlich gut und so beschlossen wir ihn bei der Filmbewertung Wiesbaden einzureichen - auf unsere Kosten. Wir hörten dann nie wieder davon. Als ich dort ein Jahr später anrief und fragte was denn nun mit der Bewertung sei, war man dort sehr verblüfft. Haben Sie den Bescheid nicht bekommen wurde ich gefragt, wir haben ihn direkt an die Schule geschickt. Ich stellte den Chef des Studienganges zur Rede. Unwirsch gab er mir den Bescheid. Wir hatten das Prädikat „ wertvoll „ erhalten. Es war der erste Film dieser Schule der je dieses Prädikat erhalten hatte und Herr Eichhoff der Studiengangleiter hatte es für sich behalten. Er sagte, ohne auch nur eine Spur schlechten Gewissens zu zeigen: „ falls es publik wird das auf unserer Kameraschule Filme gemacht werden, die ein Prädikat erhalten, dann bewerben sich auch die ganzen Filmemacher und dann haben wir statt 400 Bewerber 800 jedes Jahr und darauf hab ich keine Lust. Basta. „ Er hätte ja auch ein wenig stolz auf uns sein können.
Das einzige Problem war Kremer, er gab Sozialkunde, war aber superrechts eingestellt. Als er erfuhr das ich für mein Referat über die Weimarer Republik als Quelle das Buch von Bernt Engelmann: Einig gegen Recht und Freiheit, verwenden wollte flippte er aus. Eine Woche vor dem Termin für meinen einstündigen Vortrag auf den ich mich gut vorbereitet hatte, sagte er mir er wolle nun kein Referat mehr sondern ein Kurzexposé, maximal 10 Zeilen. Das hätte ich nun leicht aus einem Lexikon abschreiben können. Meine ganze Arbeit war also umsonst gewesen. Deshalb hielt ich den Vortrag wie abgesprochen eine volle Stunde. Das war eine glatte sechs und er war sehr sauer, das er mir keine sechs ins Zeugnis setzen konnte, denn ich war zu gut bei den Tests.
Ich beschloß ihn einfach zu ignorieren. Wir machten noch schnell einen zweiten Film: Die letzte Wette, die Verfilmung einer uralten Urban Legend. In einer Kneipe sitzen ein paar angetrunkene Zecher und beschliessen eine Mutprobe. Wer es wagt zum Friedhof zu gehen und dort ein Grabkreuz zu klauen, muß fortan nichts mehr bezahlen. Einer von Ihnen ist mutig und macht sich auf den Weg, holt ein Kreuz, bringt es in die Kneipe. Ein Bild des Toten ist darauf. Als er sich dieses Bild genauer ansieht, wechselt es und er sieht plötzlich sein Gesicht auf dem Kreuz. Er bekommt es mit der Angst zu tun und beschließt das Kreuz wieder zurückzubringen. Als er es gerade in den Boden rammen will wird er von dem Toten erwürgt. Man findet ihn am nächsten Tag.
Leider hätten wir für diesen Film richtige Schauspieler gebraucht, die Komparsen mit denen wir es machten waren sauschlecht und so ist auch der Film einfach nur Müll, aber technisch sauber umgesetzt.
Wir schrieben unsere Abschlußklausuren und ich bestand mit einem guten Notendurchschnitt. Fast alle hatten schon einen Job bei irgendeinem Sender, nur ich nicht, da ich ja nie Senderkontakte gehabt hatte. Doch dann geschah ein Wunder.
Rita eine Sportstudentin, jobbte auch in der Lichtpauserei in der ich nebenbei arbeitete. Irgendwann fragte sie mich, was ich eigentlich so mache. Ich sagte ihr das ich bald arbeitsloser Kameraassistent sei. Ist ja witzig entgegnete sie, meine Schwägerin ist Aufnahmeleiterin beim Film. Ich geh da immer als Statist hin, hast Du Lust mitzukommen ?
Na klar hatte ich Lust, es gab gutes Geld, wir sollten nur ein wenig tanzen, im Meadow einer Diskothek am Olivaer Platz. Der Film hieß Asphaltnacht und war von Peter Fratscher, Kameramann war Bernd Heinl. Wir machten uns auf den Weg in die große weite Welt des Films. Ich konnte nicht ahnen das dies mein Glückstag war.

Mittwoch, 28. Februar 2007

Hurra, ich bin beim Film, Teil 2

Ich bewarb mich überall, ohne Erfolg, bis mir jemand steckte das Brunnemann der Chef alle Synchronkollegen von sich angerufen hatte und sie vor mir gewarnt hatte.
Doch dann passierte das Wunder, eine Firma antwortete. Geyer Synchron hatte meine Bewerbung in eine andere Abteilung gegeben zum Kopierwerk. Die Geyer Werke waren damals das beste Filmkopierwerk in Berlin. Dort wurden Profifilme in 35 und 16 mm entwickelt und kopiert. Besser als gar nichts. Ich stellte mich dort vor. Herr Rabs der Kopierwerksleiter war ein kompetenter Mann, ich solle erstmal anfangen sagte er und dann innerhalb des Kopierwerks durch verschiedene Abteilungen rotieren. Ich sagte zu. Es gab richtig Geld für diesen Job und das Betriebsklima war gut. Ich landete zuerst in der Filmvorführung, eine Art Kino in der die Kopien vor Auslieferung an den Kunden geprüft wurden. Ich war plötzlich Filmvorführer. Dort saß Karla. Sie sah aus wie eine Lehrerin, war korpulent und etwa 2 Jahre vor ihrer Pensionierung. Sie trug ein dicke Brille mit Flaschenböden und mußte trotzdem kurz vor der Leinwand stehen um den Film sehen zu können. Trotz dieses Handicaps war sie super in ihrem Job, eine Seele von Mensch und fortan wurde ich von ihr bemuttert und versorgt. Jeden Morgen gab es irgendetwas zum Naschen. Ich nahm innerhalb kürzester Zeit 5 Kilo zu. Auch die anderen Mitarbeiter waren supernett und ich fühlte mich in dieser Beziehung sauwohl dort, obwohl der Job als Vorführer nicht so toll war. Wir prüften nämlich zwischen 8 und 10 erstmal Pornofilme, ziemlich eklige Produktionen waren dabei. Hin und wieder sah ich Kinofilme, lange bevor sie ins Kino kamen. Ich lernte Wim Wenders zu hassen. Seinen Film „ Im Lauf der Zeit „, der sowieso Überlänge hat, mußte ich 35 mal ansehen. Seitdem ist mein Bedarf an Wim Wenders gedeckt und in meinen schlimmsten Albträumen sehe ich Rüdiger Vogler irgendwo in die Pampa kacken ( eine Szene aus dem Film ).
Es gab irgendwo eine Stempeluhr und ich kam jeden morgen zu spät, nur 5 Minuten, aber zu spät, denn es war in der ersten halben Stunde eh nichts zu tun. Nach Wochen mußte ich deshalb zum Chef. Er fragte mich warum ich immer zu spät käme, ich erklärte ihm das eh nichts zu tun sei und ich außerdem fast jeden Tag Überstunden mache, es sei doch viel wichtiger für die Firma, wenn jemand dazu bereit sei. Er schaute mich kurz an und sagte: Kommen Sie wann sie wollen, Hauptsache sie kümmern sich auch nach Dienstschluß um unsere Kunden. Ja das war Geyer, eine wirklich gute Firma mit toleranten Bossen, die auch mal mitdachten.
Mit Karla hatte ich ein super Verhältnis und mit den anderen Mitarbeitern auch, ich habe dort nicht einen einzigen unangenehmen Typen getroffen, leider blieb ich erstmal in der Vorführung und kam erst viel später in andere Abteilungen. Dann bekam ich zwei Praktikanten Jürgen und Kai, die waren sehr nett und wir verbrachten viel Zeit zusammen. Sie machten das Praktikum, weil sie es für eine Fachhochschule brauchten in der man zum Kameraassistenten ausgebildet wurde.
Kameraassistent hörte sich interessant an. Man brauche mittlere Reife, ein halbjähriges Praktikum und müsse eine Aufnahmeprüfung bestehen erfuhr ich. Die Aufnahmeprüfung sei in der kommenden Woche.
Ich rief sofort dort an, ja ich könne noch kommen und mitmachen hieß es. Das Praktikum fehlte mir allerdings. Ich ging zu Dr. Geyer und fragte ihn ob er mir meine Tätigkeit bei Geyer auch als Praktikum bescheinigen könne und erklärte ihm warum. Zwei Stunden später hatte ich die Bescheinigung. Es waren noch 5 Tage bis zur Aufnahmeprüfung und ich hatte keine Ahnung. Ich nahm Urlaub und kaufte mir ein Buch: Kurt Solf - Filmen. Das lernte ich mehr oder weniger auswendig und trat zur Prüfung an. Über 400 Bewerber gab es für nur 25 Plätze. Allerdings war das Buch anscheinend ziemlich gut gewesen. Ich hatte kaum Probleme mit den Fragen. Die einzige Frage bei der ich auf dem Schlauch stand war folgende: was sind die Aufgaben eines Kameraassistenten ? Ich schaute zum Nachbar. Schärfe ziehen, Blenden ziehen, Kassetten ein und auslegen stand da, aha. Wird wohl so sein dachte ich und schrieb es auf ohne zu Wissen was damit eigentlich gemeint war.
An nächsten Tag erfuhren wir die Ergebnisse. Ich war unter den Besten und war angenommen, eine totale Überraschung.
Ich kündigte bei Geyer, Karla war sehr traurig, sie hätte mich gern als ihren Nachfolger gesehen. Aber keiner war sauer, alle beglückwünschten mich, denn sie wussten, das ich ihnen als Kunde erhalten blieb. Jürgen hatte es auch geschafft, Kai leider nicht aber um den brauchten wir uns keine Sorgen zu machen sein Vater war ein Promi, der würde immer etwas finden.

Montag, 26. Februar 2007

Hurra, ich bin beim Film, Teil 2

Hurra, ich bin beim Film, Teil 2
Das war aber weiß Gott nicht die große weite Welt des Films. Ein Cutterassistent in einer Synchronfirma zu sein ist etwa so exotisch wie ein Stück Fa Seife. Die intellektuellen Anforderungen sind minimal, englisch sollte man zumindest verstehen. Man kümmert sich um den Ton und sitzt den ganzen Tag ( zumindest damals ) an einem Schneidetisch und hört sich irgendwelche Töne an.
Die Firma Deutsche Synchron befand sich auf dem Gelände der Berliner Union Film Studios am Flughafen Tempelhof, das Aufregendste was dort zu dieser Zeit produziert wurde war die ZDF Hitparade. Man sah also zumindest die Schlagerfuzzis in der Kantine und hin und wieder einen Schauspieler, der dort in einem anderen Studio drehte.
Ich landete in einem Schneideraum mit 5 anderen Mädels ( Assistentinnen ). Die waren alle sehr nett zu mir, ich war der Hahn im Korb, nur sobald eine von ihnen den Raum verließ fielen die anderen sofort über sie her. Hast Du ihre Schuhe gesehen, die Frisur und so weiter und so fort, Lästereien ohne Ende. Schrecklich. Ich hoffe Frauen sind nicht immer so wenn sie irgendwo zusammen arbeiten müssen, bei Männern gibts so was glaube ich nicht, hab ich jedenfalls nie erlebt.
Der Chef war ein Tyrann, wollte jemand etwas von ihm, dann wurde ganz ängstlich erstmal im Büro angerufen und gefragt was für eine Laune er habe, zur Not verschob man das Gespräch auch mal um ein paar Wochen, aus Angst es könnte schlecht verlaufen. Die Cutterinnen ( nicht alle ) waren Divas, zickig und machten teils einen auf die große weite Welt des Films und taten sehr geheimnisvoll, wie viel angenehmer waren dann später doch die Filmcutterinnen beim richtigen Film.
Der einzige Glanz waren die Synchronregisseure, die hatten teils Format, doch auch da brodelte die Gerüchteküche der Mädels, sie hatten über jeden was zu erzählen, besonders über Michael Richter den Bruder von Ilja. Legendär war Rainer Brandt, der „ Die Zwei „ synchronisiert hatte und mit seiner ganz eigenen Art die Dialoge neu zu schreiben, der Serie zum Erfolg verholfen hatte, die in anderen Ländern floppte. Nur der arbeitete nicht bei uns
Die Synchronsprecher waren meist unbekanntere Schauspieler, nur an den Stimmen kannte erkannte man sie. War das nicht gerade John Wayne, den man auf dem Gang hörte, nein das war Arnold Marquis, seine Stimme ?
Das übelste war aber der Job selbst. Da ich so billig war ( 130 DM im Monat ) durfte ich vorwiegend benutzte Perfobänder zusammenkleben. Das muß ich glaube ich erklären. Bei der Synchronisierung wurde der Ton auf 17,5 mm breiten, perforierten Magnetbändern aufgenommen. Wenn der deutsche Sprecher dann an das IT Band ( das heißt die internationale Tonspur des Films, das sind nur Musik und Geräusche drauf, ohne die Dialoge ) angelegt wurde, zerschnitt die Cutterin das Band in viele kleine Schnipsel, damit die Dialoge auch an die richtige Stelle kamen, dazwischen klebte sie eine andere Art Band . Nachdem der Film fertig war wurden die Bänder gelöscht und ich durfte die vielen kleinen Schnipsel wieder zu einem Band zusammenkleben. Bei einem Stundenlohn von 81 Pfennig war das natürlich viel billiger als ein neues Band zu kaufen, das sicher 20 Mark kostete wenn nicht sogar noch mehr.
Dann fielen auch noch Überstunden an, die bei 81 Pfennig die Stunde überhaupt keinen Spaß machten, denn ich brauchte die freie Zeit abends um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Mit den Überstunden konnte ich nicht mehr nebenbei jobben, also auch nicht überleben. Ich lehnte also die Überstunden ab und flog nach 3 Monaten raus.
Das hat man davon, wenn man sich gegen Ausbeutung und Sklaverei zur Wehr setzt.
Aus und vorbei war es mit der großen Welt des Films, oder vielleicht doch nicht.
Gebe zu der Text ist etwas uninspiriert, dafür kommen wir bald zu „ Wir Kinder vom Bahnhof Zoo „ zu David Bowie und anderen interessanten Leuten.

Samstag, 24. Februar 2007

Hurra, ich bin beim Film, Teil 1

Nun ist es heute nicht so ganz einfach einen Job beim Film zu bekommen, damals wahrscheinlich auch nicht, aber ich hatte Glück.
Steven Spielberg war ein Brieffreund von mir und den fragte ich einfach.
Glaubt ihr nicht ? Nun gut bleib ich bei der Wahrheit.
Ich ging zum Arbeitsamt und sagte ich will zum Film. Keiner lachte. Ich war überrascht. Sie hatten ein Angebot. Eine Ausbildung zum Cutterassistent, 2 Jahre, Anfangsgehalt 130 DM im Monat. Wohlgemerkt nicht im Jahr 1930 sondern 1976, da war das verdammt wenig Kohle. Außerdem war es kein anerkannter Lehrberuf, also wohl Ausbeutung pur.
Egal ich wollte zum Film.
Zwei Tage später sollte mein Vorstellungsgespräch sein. Ich war ganz aufgeregt.
Am selben Abend rief mich meine Mutter an und erzählte mir, Klaus ein Bekannter von mir sei von einer Brücke gesprungen, er sei sofort tot gewesen. Sie wollte wissen ob ich es mal wieder geahnt hätte.
Fehlanzeige ich hatte nichts geahnt. Es hatte schon einen Grund warum sie fragte.
Als ich 17 war wachte ich eines Tages schweißgebadet aus einem fürchterlichen Traum auf. Ich hatte Klaus in seinem Auto auf einem Feld gesehen, die Fenster geschlossen, mit einem Schlauch hatte er Autoabgase ins Auto geleitet . Er war leblos. Ich erzählte den Traum meiner Mutter und ging in die Schule.
Klaus war einer der Ersten, den ich traf. Ich erzählte ihm nichts, denn seine Schwester hatte einige Jahre zuvor Selbstmord begangen. Einen Tag später als ich in die Schule kam sah alles ganz anders aus. Alle waren aufgeregt, denn Klaus hatte am Nachmittag davor einen Selbstmordversuch begangen, genauso wie ich es geträumt hatte - im Auto mit einem Schlauch, Gott sei Dank hatte er überlebt.
Meine Mutter war völlig verstört, das ich anscheinend in die Zukunft sehen konnte. Zwei Monate später blieb mein Freund Hansi neben mir stehen und hupte. Er hatte einen neuen Käfer von seinem Vater bekommen. Ob ich mit zu den Petards wolle, das war eine Rockband die in der Nähe wohnte, die wir oft bei den Proben besuchten. Plötzlich ging es mir ganz schlecht, ich hatte Herzrasen, hörte Polizeisirenen. Ich sagte ab, aber Jürgen ein anderer Freund von uns stieg ein, ich gab ihm noch meine Jacke, da es abends schon recht kühl wurde, ging nach Hause und legte mich erschöpft ins Bett. Es war 18 Uhr, eine völlig ungewohnte Uhrzeit für einen 17 jährigen. Gegen 20:30 wurde ich wach. Ich hörte meine Oma heulen, der Bürgermeister sprach auf sie ein. Viele Leute waren anscheinend da.
Ich schaute aus dem Fenster und es wurde totenstill, dann machte sich Erleichterung breit. Ich hatte keine Ahnung um was es ging und ging runter. Alle redeten auf mich ein und fragten wer denn meine Jacke habe.
Hansi war in einer Kurve die mit Leitplanken gesichert war, frontal gegen einen Lastwagen gefahren. Zwei LKws hatten sich dort verbotenerweise überholt. Er hatte wegen der Leitplanken keine Chance auszuweichen. Beide waren tot, Jürgen, der Beifahrer war nicht zu identifizieren, aber Hansis Eltern hatten meine Jacke erkannt. Der Bürgermeister hatte gerade meine Oma über meinen mutmaßlichen Tod informiert.
Ich dachte nun wirklich, daß ich übersinnliche Fähigkeiten hätte, aber nie wieder konnte ich etwas voraussehen. Nur einmal in Russland bei einer Wahrsagerin, die unserem Fernsehteam aus der Hand las, passierte etwas merkwürdiges.
Als ich an die Reihe kam, schaute sie in meine Handfläche, lächelte mich an und sagte: warum soll ich Dir aus der Hand lesen, Du mußt es doch viel besser wissen als ich. Doch nie wieder ist etwas passiert.
Jahre später lernte ich bei einer Fernsehshow jemanden kennen der wirklich übersinnliche Fähigkeiten hatte. Er hiess James van Praagh und kam aus den USA, doch dazu kommen wir viel viel später.
Ich bereitete mich inzwischen auf mein Vorstellungsgespräch vor, vertane Zeit. Nach 5 Minuten hatte ich den Job und konnte gleich am nächsten Tag anfangen. Die Firma hieß Deutsche Synchron und synchronisierte ausländische Filme.
Übrigens wer sich mal was von mir ansehen will: hier ein Link:http://www.youtube.com/watch?v=_uFsgDN8sKI

Freitag, 23. Februar 2007

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 4

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 4
Der nächste Zuhälter mit dem ich zu tun bekam war etwa 1,60 groß aber sehr kompakt und kräftig. Dummerweise wohnte er auch in dem Haus. Er hatte eine deutsche Dogge, die fast so groß war wie er und eines Tages lief sie mir vor dem Haus vors Auto. Ich konnte gerade noch bremsen, aber es war wirklich knapp. Obwohl der Hund schuld war bedrohte mich der Idiot und sagte wenn er mich erwische würde er mich erschlagen. Ich hatte tierische Angst denn auf Prügeleien stehe ich überhaupt nicht. Fortan betrat ich das Haus nur wenn die Luft rein war und nahm nur den Fahrstuhl nach oben, nach unten lief ich die zehn Stockwerke. Nach einigen Wochen wurde ich unvorsichtig und nahm auch den Fahrstuhl nach unten. Er stoppte im sechsten, die Tür ging auf und wer trat ein: der Zuhälter. Er bot einen jämmerlichen Anblick. Das Gesicht war völlig blau geschlagen und beide Arme waren in Gips. Innerlich habe ich mich schlapp gelacht. Er grüßte freundlich und war ganz bescheiden.
Eine Woche später klingelte mein Nachbar um halbzwölf sturm. Jimmy war ganz aufgeregt und wollte seine Neuigkeiten loswerden. Er hatte im Treppenhaus einen Revolver gefunden, geladen, eine echte Waffe keine Schreckschußpistole. Damit war er gleich hundert Meter weiter in den Bierhimmel gelaufen, eine Kneipe wo etwa 5000 Jahre Knast verkehrten und hatte sie dort für 300 Mark verkauft.
Am nächsten morgen um 6 wurde Jimmy von der Polizei geweckt. Der Käufer hatte mit der Waffe gleich jemanden umgelegt. Das gab für Jimmy 6 Monate Gefängnis auf Bewährung und 1500 DM Geldstrafe, ein schlechtes Geschäft.
Zwei weitere Wochen später kam ein Einschreiben von einem Anwalt, der wollte die Miete für 6 Monate nochmal kassieren. Des Rätsels Lösung: der Hausmeister bei dem wir cash bezahlten hatte die Mieten unterschlagen, von den Prostituierten hatte er sich in Naturalien bezahlen lassen, deshalb die Nachforderung und da ich eine Quittung verbaselt hatte konnte ich einen Monat doppelt bezahlen.
Ich hatte mir einen schnieken Gebrauchtwagen angesehen und wollte den finanzieren, unerfahren wie ich war fiel ich dann auf den dümmsten Trick rein. Ich sollte eine unverbindliche Anfrage zur Finanzierung unterschreiben. Als ich gerade unterschrieben hatte stieß mich der Verkäufer weg, ein anderer brachte mir die Kopie eines unterschriebenen Kaufvertrages für einen Opel. Der Kaufvertrag hatte drunter gelegen es war nur nicht zu sehen gewesen, da die Gangster sich das Formular hatten drucken lassen und wer schaut denn schon nach ob die Durchschrift identisch ist. Die Anfrage zur Finanzierung warfen sie dann einfach weg, deshalb hatte er mich weggestossen, damit ich das oberste Blatt mit der Anfrage nicht nehmen konnte.
Das waren 2600 DM Vertragsstrafe weil ich den Opel nicht abnahm. Es fiel mir äußerst schwer zu bezahlen. Vierzehn Tage später stand dann eine Warnung vor solchen Methoden in der Zeitung, leider 14 Tage zu spät. Ich hab allerdings keine Ahnung wer dem Verkäufer immer wieder alle vier Reifen platt gestochen hat, das ging über Jahre so ( war auch in der Zeitung ). Der Besitzer des Autohauses ersoff dann irgendwann beim Surfen in der Nordsee. Ich habe nicht geweint als ich dies las.
Mit meinem Fahrerjob war ich nicht wirklich zufrieden, der Chef war nett aber intellektuell war der Job nicht der Bringer. Ich beschloß mein Leben zu ändern und zum Film zu gehen.

Mittwoch, 21. Februar 2007

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 3

Ich bezog also stolz wie Bolle meine erste eigene Wohnung, 23 qm möbiliert für 370 Mark bei 1000 netto die ich verdiente. Die Wohnung lag im zehnten Stock. Was mir bislang keiner so richtig erzählt hatte war das die Potsdamerstrasse damals der Berliner Rotlichtbezirk war. Man hatte mir bei der Hausverwaltung erzählt, das die Post eine komplette Etage gemietet hatte und das vorwiegend Westdeutsche im Haus wohnten, die gerade nach Berlin gezogen seien, das war ich ja schließlich auch.
Die Frauen die ich hin und wieder im Fahrstuhl traf sahen schon ziemlich merkwürdig aus, ziemlich aufgedonnert, heute würde ich nuttig sagen, manchmal hatten sie aber auch ein Kreuz wie ein Holzfäller und sprachen auch sehr komisch, mit relativ tiefen Stimmen. Manchmal glaubte ich sogar etwas Bartwuchs erkennen zu können, die sahen dann richtig gefährlich aus.
Das Frauen gefährlich sein können wußte ich seit meiner Kindheit. Als Fünfjährige hatten wir in einem Park ein Kondom entdeckt und rätselten was das sein könne. Fritz kam dazu. Er war schon sechs, also fast erwachsen. Schulmeisterlich klärte er uns auf und erzählte uns das sei ein Gummischutz, den brauche man für den Schniedel wenn man Kinder machen wolle.
Mir war zwar nicht ganz klar wie Kinder machen funktionierte aber es mußte sehr gefährlich sein wenn man einen Schutz dabei brauchte, das lag dann sicher an den Frauen. Spinnenfrauen fressen ja auch ihre Männer auf.
Ich war zutiefst beunruhigt und achtete fortan darauf das beim pinkeln keine Mädchen in der Nähe waren - sicherheitshalber.
Auf meiner Etage lebten Jimmy und Agnes, ein nettes Pärchen mit dem ich mich gleich anfreundete. Die erzählten mir das ganze Haus sei voller Schwuler, Transen, Zuhälter und Nutten. Es seien kaum normale Leute dabei - die beiden hatten recht. Nach 14 Tagen dann der erste Mord im Haus, ein anderer wurde in seinem Apartment eingemauert und mußte durch die Feuerwehr befreit werden. Ein neues Paar zog in unsere Etage. Ab diesem Tag kläffte ein Riesenschäferhund auf dem Balkon, jede Nacht, bis in die frühen Morgenstunden. Manchmal waren 30 Leute im Flur versammelt, aus der ganzen Nachbarschaft, die sich beschweren wollten - aber da war nie jemand zu Hause. wir holten die Polizei, die zuckten nur mit den Achseln und dann kamen sie irgendwann gar nicht mehr, wenn man anrief. Wir versuchten es mit in Wurst eingepackten Schlaftabletten die wir auf den Balkon warfen, es half nichts, der Hund kläffte einfach weiter.
Ich wußte mittlerweile wer dort wohnte, ein blutjunger Zuhälter, der eine Türkin auf den Strich schickte.
Ich fuhr also eines nachts zu dem Puff wo ich sie mal hatte stehen sehen. Da stand sie auch und er war dabei. Ich pflaumte ihn an, er solle seinen Hund mal ruhig stellen und wußte im selben Moment - bad idea. Er war zwar nicht kräftig genug und wagte es erst gar nicht mir eins aufs Maul zu hauen aber ruck-zuck war ich von heftigen, tätowierten, kräftigen, böse dreinschauenden Kerls umringt. Was ich denn wolle machte mich der Kräftigste von ihnen an. Äh - äh das sah gefährlich aus und in diesem Moment dachte ich das ich doch in meinem Dorf hätte bleiben sollen und brav zur Bundeswehr gehen.
Ich fasste all meinen Mut zusammen und trat auf den Typ zu immer damit rechnend eine gedröhnt zu bekommen. Du scheinst hier der Chef zu sein, sagte ich zu ihm. Er nickte und verschränkte die Arme die meine Oberschenkel hätten sein können vor der Brust. Weißt Du ihr arbeitet nachts und wollt tagsüber eure Ruhe haben, ich arbeite tagsüber und will nachts schlafen und dann erzählte ich die Geschichte von dem Hund und das die ganze Gegend nicht schlafen könne.
Er hörte sich alles ruhig an, bot mir eine Zigarette an und als wir dann rauchten sagte er ganz ruhig zu dem Jungzuhälter: Du gehst jetzt nach Hause, holst den Hund und wenn ich noch eine Beschwerde höre gibts was aufs Maul, die Leute wollen schlafen, die müssen morgens arbeiten.
Soviel Klugheit, Konsequenz und Sachverstand würde ich mir manchmal von den Politikern wünschen.
Ein Wunder war geschehen. Ich hatte keine Zähne verloren, war nicht schwer verletzt, kein Haar war gekrümmt und ich konnte fortan in Ruhe schlafen.
Leider wohnten noch mehr Zuhälter im Haus.

Sonntag, 18. Februar 2007

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 2

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 2
Total fertig kam ich bei Gert an, nachdem ich mich etwa 10 mal verfahren hatte. Berlin Moabit war nun meine neue Heimat. Ich war total begeistert. Berlin hatte ungefähr zehnmal soviel Kneipen und Discos wie meine Heimatstadt Häuser, ich hätte Jahre gebraucht um alle zu besuchen, also konzentrierte ich mich auf wenige.
Gert war eine Seele von Mensch, relativ arbeitsscheu, was damals zu Zeiten üppigen Arbeitslosengeldes kein Problem war. Leider änderte sich sein Charakter unter Alkoholeinfluss sehr heftig, aber das richtete sich nicht gegen mich, sondern vorwiegend gegen Staatsdiener. Er verkehrte gerne im Polkwitz, einer Saufkneipe am Olivaer Platz.
Ich machte mich lieber auf die Suche nach einem Job, hatte erwartet das alle auf mich warten, aber das war leider eine Illusion. Zudem konnte ich ja auch nichts vorweisen, kam ja direkt von der Schule ohne Abitur.
Gleich am nächsten Abend kam Gert gegen Mitternacht nach Hause, sturzbetrunken und zeigte mir ganz stolz einen Strafzettel, den er gerade erhalten hatte: Trunkenheit im Straßenverkehr als Fußgänger - kostete damals 20 Mark. Mir war bis dahin völlig unbekannt, das es ein solches Delikt überhaupt gab.
Gert lebte in Scheidung, seine Ex arbeitete im Grunewald bei einer stinkreichen Familie, deren Firma Elektroherde herstellte. Sie wohnte auch dort. Eines nachts kam er auf die Idee, das der Fernseher den seine Ex mitgenommen hatte, eigentlich ihm gehörte. Also machte er sich hackebreit auf den Weg, suchte seine Ex auf und als die nicht öffnete, trat er die Tür ein, nahm den Fernseher und ging. Diese hatte natürlich sofort die Polizei angerufen als er krakeelent vor der Tür stand und als Gert mit dem Fernseher gerade zur Strasse gehen wollte, wurde er von seinen Freunden den Staatsdienern schon empfangen. Auf die Ermahnung den Fernseher doch zurückzubringen, ließ er ihn vor die Füße der Polizisten fallen. Es sei ja sein Fernseher und er könne damit machen was er wolle. Mit dieser Aktion brachte er es immerhin auf die Titelseite der BZ der Bild Zeitung von Berlin, davon träumen viele, Gert schaffte sowas ohne Probleme.
Gott sei Dank fand ich bald einen Job als Fahrer in einer Lichtpauserei. Dies war der wichtigste Kontakt überhaupt, wie sich später herausstellen sollte, er ebnete mir den Weg ins Filmbusiness.
Volker, der Chef trank auch ganz gern mal einen über den Durst und seine Frau verprasste das Geld was er verdiente. Beide waren aber supernett.
Es ging nun auf Weihnachten zu als ich plötzlich durch lautes Gehämmere an der Tür wach wurde. Ich stand auf und hörte Gert rufen, laß mich schnell rein, ich hab keinen Schlüssel.
Ich machte auf. Gert schloß die Tür sofort wieder ab, er hatte ein schönes blaues Veilchen.
Er ging zum Fenster, da standen inzwischen an die 10 Taxen. Des Rätsels Lösung: Gert war mit dem Taxi gekommen, hatte sich mit dem Fahrer wegen des Fahrpreises gestritten, nicht den vollen Preis bezahlt und dieser hatte ihm sofort aufs Auge geschlagen. Gert war ins Haus geflüchtet und befürchtete nun die Lynchjustiz der Taxifahrer, denn sein Fahrer hatte Verstärkung geholt. Also rief Gert die Polizei an und bat volltrunken um Hilfe. Nach 10 Minuten wummerte es an der Tür: Aufmachen. Gert verstand das völlig falsch und dachte das seien die Taxifahrer. Also nahm er einen Spielzeugdegen der irgendwo herumlag ging zum Briefschlitz, stocherte hindurch und schrie: Haut ab ihr bekommt kein Geld. Aufmachen Polizei, hörte ich nur und dann wummerte es derartig gegen die Tür, das der Putz herunterfiel.
Ich machte auf. Zwei Polizisten stürzten sich sofort auf mich, doch ein Taxifahrer der daneben stand sagte: Nee, der war et nich, der andere und zeigte auf Gert.
Sie nahmen Gert in die Mangel und nahmen ihn mit.
Um 6 Uhr hämmerte es erneut gegen die Tür. Ich machte freiwillig auf, es war die Kripo, die zu nachtschlafender Zeit mich vernehmen wollte.
Ich erzählte ihnen das Gert selbst die Polizei gerufen hatte und zeigte ihnen den Gummidegen. Ich rechnete fest damit das er abends wieder zu Hause sein würde. Weit gefehlt. Mordversuch gegen einen Polizeibeamten lautete die Anklage - die wurde zwar wieder fallen gelassen, aber erst nach 4 Wochen Untersuchungshaft.
Ich beschloß mir eine eigene Wohnung zu suchen und fand auch bald eine, trotz der Wohnungsnot in Berlin: Potsdamerstr. 63 lautete die Adresse. Dort wurde alles noch schlimmer, denn ich hatte eine Wohnung im übelsten Appartmentkomplex von Berlin gefunden, dort wohnte der Abschaum der Menschheit und ich mittendrin.

Freitag, 16. Februar 2007

Ein Landei in der grossen Stadt, Teil 1

Ein Landei in der großen Stadt, Teil 1
Ich hatte keinen Bock auf die Bundeswehr, da blieb also nur die Flucht nach Berlin, aber wie. Da ich mich damals anstatt in die Schule zu gehen, häufig in unserer Bahnhofskneipe aufhielt um Karten zu spielen, waren mir natürlich fast alle Stammgäste bekannt. Plötzlich gab es dort einen Neuen, Gert, und oh Wunder der wohnte in Berlin war aber aus irgendeinem Dorf in der Nähe.
Gert war etwa Ende 20 und bot mir an bei ihm zu wohnen, in Berlin natürlich nicht in seinem Dorf. Ich wußte allerdings nicht das Gert ziemlicher Säufer war und sich auch gerne Mal mit dem Gesetz anlegte. Ich packte also meine Siebensachen und fuhr mit meinem Polski Fiat nach Berlin.
Fast wäre ich auf der ersten Fahrt schon gescheitert denn die damaligen Transitbestimmungen waren mir noch nicht so geläufig. Ich entdeckte auf halbem Weg in der Zone eine hübsche Tramperin, hielt an und nahm sie mit, sie sah aus wie ein Wessi. Wir unterhielten uns prächtig, sie schwärmte von meiner Musik und erzählte mir von allen In-Kneipen und Discos, die sie so besuchte. Gert hatte mir schon einiges über das Nachtleben von Berlin erzählt aber sie erwähnte völlig andere Lokalitäten mit teils merkwürdigen Namen. Ich versuchte mir alles zu merken. Kurz vor Michendorf erwähnte ich beiläufig, das ja jetzt bald der Abzweig nach Westberlin kommen müsse, den wir nicht verpassen sollten und da wurde sie plötzlich etwas blass. Sie sei aus Ostberlin erzählte sie und würde zwar gerne mitkommen, dürfe aber nicht und ob ich nicht wisse, das man als Wessi im Transit keine Ossis mitnehmen dürfe.
Nee, wußte ich nicht. Und dann erzählte sie das der Rasthof Michendorf voller Stasileute sei, da könne sie nicht aussteigen. Sie bat mich an der Potsdamer Abfahrt gleich nach Michendorf zu halten und sie dort rauszulassen.
Ich fuhr ein paar Meter die Abfahrt runter, hielt und wir luden ihr Gepäck aus. In diesem Moment hielt ein Vopo Lada oben an der Ausfahrt. Sie ging ganz eilig davon und ich fuhr wieder auf die Autobahn an den Vopos vorbei, die mir sofort folgten.
Ich achtete jetzt pedantisch auf die Geschwindigkeit, denn die Vopos fuhren direkt hinter mir, bogen mit mir Richtung Westberlin ab . Ich hatte tierische Angst wollte nicht im Gulag in Sibirien landen und dachte mir permanent irgendwelche Ausreden aus.
Kurz vor der Abfahrt Potsdam Babelsberg setzten sie zum Überholen an. Scheisse, dachte ich, so kurz vor dem Ziel. Nun drohte mir statt Bundeswehr ein sicherlich unangenehmer DDR Knast. Als sie parallel neben mir fuhren, öffnete der Beifahrer das Fenster, drohte mir mit dem Finger, worauf ich ihm sofort den Stinkefinger zeigte, darauf rammten sie mich, brachten mich nach Sibirien wo ich bei 40 Grad minus geteert und gefedert wurde und dann nackig durch die Tundra getragen wurde.
Natürlich war ich nicht so blöd, sondern hob entschuldigend meine Schultern, sie fuhren an mir vorbei und bogen nach Babelsberg ab.
Schweißgebadet kam ich in Westberlin an, das Bild von mir ( geteert, gefedert, minus 40 Grad, am Arsch der Welt ) noch vor Augen.
Ich konnte damals nicht wissen das ich viel später die Abfahrt Babelsberg fast jeden Tag benutzen würde.

Dienstag, 16. Januar 2007

Die Hippiezeit - Love and Peace - Teil 2

Nachdem ich ja schon den weit überschätzten Loveteil, der Love und Peace Hippiezeit abgehandelt habe, will ich nun ein wenig auf den weit unterschätzten Peaceteil eingehen. Rein optisch gesehen hat das wahrscheinlich total bescheuert ausgesehen auf jeden Fremden zuzugehen mit den zum Victory Zeichen gespreizten Fingern und hey Peace zu sagen, zumal man ja doch meist ziemlich breit in der Birne war und in diesem Zustand selbst den Teufel mit Peace begrüsst hatte, doch es war wirklich eine friedvolle Zeit. Schlägereien auf dem Schulhof - undenkbar - jeder Aggressor wäre sofort von einer Gruppe friedenswütiger Schüler umringt worden, die ihm ein freundliches hey Peace Mann ins Gesicht geschmettert hätten.
Es gab nur einen Grund halbwegs Aggressionen zu zeigen, und zwar um in Rockkonzerte zu kommen. Damals war musikalisch einfach eine geile Zeit. Bands wie Led Zeppelin, Deep Purple, T-Rex, Steamhammer, Spooky Tooth standen am Anfang und waren noch keine Megaacts. Waren mehr Zuschauer da als Eintrittskarten wurden die Hallen gestürmt in diesem Chaos war es dann unmöhlich zu kontrollieren wer ne Karte hatte und er nicht Um es auf den Punkt zu bringen: Aggressionen waren ansonsten so ziemlich das uncoolste in dieser Zeit. Man ging freundlich miteinander um, Konkurrenzkampf schon in der Schule war uncool, man ließ abgucken und abschreiben und versuchte die Schwächsten nicht zu treten sondern ihnen zu helfen. Es war zwar cool lange Haare zu haben und hippe Klamotten zu tragen aber es ging nicht um Markenklamotten sondern um Individualität und Kreativität und andere die wegen ihrer Eltern konservativ altmodisch rumlaufen mussten wurden nicht ausgeschlossen sondern nur bedauert. Man war hilfsbereit, tolerant und ohne Vorurteile, Fremden gegenüber war man neugierig und nicht ablehnend. Grössere Strecken wurden per Anhalter zurückgelegt und das funktionierte gut. Wir sind einmal mit 30 Leuten ins 650 km entfernte Dänemark getrampt und waren alle am selben Abend da. Die Kriminalität war gering, kaum ein Autofahrer hatte Angst vor Trampern und auch die brauchten kaum etwas zu befürchten. Die einzigen Gefahren für Anhalter waren Schwule und das hatte gesellschaftliche Gründe. Damals gab es noch den diskriminierenden Paragrafen 175, der homosexuelle Betätigung unter Strafe stellte, was es für Homosexuelle tierisch erschwerte einen Sexualpartner zu finden.
Wir mieden damals wie die Pest das Frankfurter Kreuz, denn dort fuhren Schwule immer im Kreis umher um ihr Glück bei männlichen Anhaltern zu versuchen. War man nicht willig dann hielten sie einfach an und warfen einen an Ort und Stelle raus und man konnte zur nächsten Auffahrt laufen. Ziemlich unangenehm. Zuerst die Anmache in einem fremden Auto und dann der Fußmarsch. Die 175 er, so wurden sie genannt, waren damals deshalb bei Trampern nicht gerade beliebt, zumal kaum ein Hetero damals wußte was schwul war, denn man kannte ja keinen. Erst viel später wurde mir klar was es mit den vielen Fräuleins die auf unserer Schule unterrichteten und die paarweise zusammenwohnten auf sich hatte. Der Groschen fiel bei mir erst als ich in die Schwulenhochburg Berlin gezogen bin.
Berlin übte in dieser Zeit eine magische Anziehungskraft auf Männer zwischen 18 und 25 aus wegen einer politischen Besonderheit: Westberliner durften nicht zur Bundeswehr.
Da wir ja alle peacemässig unterwegs waren gab es für uns ein Hauptproblem: die Bundeswehr. Natürlich verweigerten viele aus politischen Gründen andere aber weil sie schlicht keinen Bock hatten sich die Haare schneiden zu lassen, denn kurze Haare waren superuncool. Leider war die Verweigerung nicht so einfach wie heute, denn man musste eine Gewissensprüfung ablegen. Das heisst man wurde geladen und saß vor stockkonservativen Leuten und mußte denen klarmachen warum man nicht wollte. Man wurde immer mit den gleichen Fragen konfrontiert: Familie wird überfallen, greift man zur Waffe, die Freundin wird fast vergewaltigt und man kann sie nur per Waffengewalt retten usw. Mir kamen sie völlig doof. Ich hatte gerade den Führerschein gemacht für 254,30 DM, gesponsort von meiner Oma. Da es ja theoretisch möglich sei mit dem Auto durch einen bösen Zufall einen Menschen zu überfahren, würden sie mich nur anerkennen wenn ich an Ort und Stelle meinen Führerschein abgäbe. Auf meinen Einwurf, das ich ja wohl kaum mit dem Vorsatz Auto fahren würde einen Menschen zu überfahren, im Gegensatz zu einem Soldaten im Gefechtsfall der sehr wohl den Vorsatz hat seine Gegner zu töten, gingen sie überhaupt nicht ein und erkannten meine Gewissenskonflikte nicht an.
Jetzt blieb als einziger Ausweg nur noch die Flucht nach Berlin.

Sonntag, 14. Januar 2007

Lotte in Dänemark nicht Weimar

Berlin war kalt, unfreundlich noch ummauert und das neue Jahr stand vor der Tür, da fielen mir die Freunde in Dänemark ein zu denen ich seit Jahren nur noch losen Kontakt hatte. Ein kurzer Anruf und der anstehende Jahreswechsel wurde nach Dänemark verlegt. Meine Freundin und ich und ein befreundetes Paar setzen uns ins Auto, fuhren durch die Zone von vielen fälschlicherweise DDR genannt, und von Rostock glaube ich per Fähre nach Dänemark. Ohne uns einmal zu verfahren kamen wir in Kopenhagen an. Welch eine Freude, alle einmal wieder zu sehen, Lotte, mittlerweile 19 Jahre alt und bildhübsch, ihre Brüder und ihren Vater. Wir fingen sofort mit dem Trinken an, zum Jahreswechsel waren es nur noch wenige Stunden. Kaum zeigte der Alkohol seine Wirkung legte sich meine Freundin, eine liebevolle eigentlich friedfertige Person mit Lottes Vater an, der behauptete ich habe mich verändert, womit er schon optisch durchaus Recht hatte. Es kam zum Eklat, sie behauptete dies besser beurteilen zu können, wurde hysterisch bestellte ein Taxi und verschwand in einen uns unbekannten Hotel. Nachdem ich allein zu Bett gegangen war, öffnete sich die Tür, Lotte kam herein legte sich zu mir und sagte nur. Ich muss noch ein Versprechen erfüllen, erinnerst Du Dich noch. Und ob ich mich noch erinnern konnte.
Weiter geht es dann mit Peace beim nächsten Mal nachdem Love ja schon abgehandelt wurde

Donnerstag, 11. Januar 2007

Die Hippiezeit - Love and Peace

Bevor ich weitererzähle will ich noch ein wenig auf die Zeit eingehen so zwischen 1968 und 1974, die Love and Peace Ära oder auch die Hippiezeit, wohlgemerkt in Deutschland. Musikalisch gesehen also der Übergang von der Beatmusik zur Rockmusik. Es war die Zeit in der ganze Gymnasien kifften oder LSD nahmen. Ich kann mich noch ganz gut an ein Schulfest erinnern, das um 22 Uhr mehr oder weniger beendet war, da fast die gesamte Oberstufe auf Pille in der Stadt unterwegs war.
Das lag an den unverschämt günstigen Preisen. Da bei uns keiner das Talent zum Dealer hatte legten wir zusammen und kauften großhandelsmässig bei einem supernetten Dealer ein, der keine harten Drogen verkaufte, günstig war und mittlerweile in der heutigen Gesellschaft hochangesehen einen Buchverlag betreibt. Er steht zu seiner Vergangenheit.
Die Behörden und die Presse machten damals allerdings einen folgenschweren Fehler: Sie verteufelten generell alle Drogen, undifferenziert wurden sie alle als stark süchtigmachend beschrieben, schon beim ersten Versuch. Jeder Gelegenheitskiffer wußte das dies Schwachsinn war und keiner glaubte den Unsinn. Leider gab es sie doch diese gefährlichen Drogen, die wenig später einen Siegeszug durch die deutschen Kleinstädte antraten, mit einer Wirkung die keiner wirklich erwartet hatte, süchtigmachend, lebenszerstörend, existenzvernichtend und mordend.
Heroin zerstörte das Paradies aus Love und Peace und beendete die Hippiezeit.
Um jetzt wirklich einmal ehrlich zu sein, die freie Liebe damals ist mehr oder weniger ein Mythos, der zwar in einigen Kommunen gelebt wurde und auch in manchen Großstätten, in Deutschland Provinz allerdings erhebliche Probleme hatte zur Realität zu werden. Klar nahm die Presse die plötzliche Offenheit lüstern auf, denn sie brachte Schlagzeilen. In den Redaktionen tobten Kämpfe zwischen stockkonservativen Redakteuren oft noch aus der Nazizeit und jüngeren Semestern, die die neue Bewegung sypathisch fanden. Es dauerte lange bis objektiv über und nicht mehr hasserfüllt gegen diese neue Bewegung geschrieben wurde.
Klar ging es plötzlich sexuall weitaus freier zu, das heißt mit dem Händchenhalten war es vorbei, denn die Händchen fanden weitaus interessantere Stellen zum Verweilen und blieben dabei keineswegs untätig, aber es kam dabei selten zum Äußersten. Wir Jungs waren immer noch der Meinung das nur wir das Eine wollten, die Mädels grundsätzlich nicht und gingen deshalb behutsam zur Sache und deshalb oft erfolglos. Jungs könnt ihr euch das heute noch vorstellen ? 3 Monate baggern um ne Schnecke rumzukriegen und zwar ohne Garantie auf Erfolg - obwohl Liebe im Spiel ist auf beiden Seiten. 3 Monate - und ohne Liebe lief fast gar nichts, allerdings waren eigene Autos oder Eltern mit Geld hilfreich bei der Überzeugung der Liebsten, daß es nun doch passieren müsse.
Die Mädels wussten damals nämlich selbst noch nicht das sie eigentlich auch nur das Eine wollen bzw. wollten dies einfach nicht kapieren oder zugeben und verweigerten sich oft erfolgreich. Und jetzt kommts - und wurden dadurch interessanter, nicht langweiliger.
Wegen der sexuellen Engpässe im Mutterland fuhren wir damals so oft es ging per Anhalter nach Dänemark, dort war die Gesellschaft schon viel offener und weiter als in Deutschland und dies hatte keineswegs was mit Love and Peace zu tun, sondern mit aufgeklärteren Verhältnissen.
Ich glaube fast alle mitteleuropäischen Jungs dieser Zeit sind von attraktiven Skandinavierinnen entjungfert worden.
Skandinavien war einfach ganz weit vorn mit Aufklärung und Pille, man gab sich progressiv, dort ging alles viel schneller, die Mädels waren weitaus aktiver und plötzlich landete man unversehens mit einem der süssen Dänenmädels in ihrem Bett und es passierte - wohlwissend das ihre Eltern im Nebenzimmer vor dem Fernseher sassen und wußten warum das Bett im Nachbarzimmer quietschte.
Im Deutschland dieser Zeit unvorstellbar, dort gab es noch den Kuppeleiparagraph und es war verboten der sogenannten Unzucht Vorschub zu leisten. All diese Tabus waren tief in den Hirnen der Deutschen verankert, auch in unseren noch.
Ich kann mich an eine besonders peinliche Situation in Kopenhagen erinnern. Ich hatte den Sohn einer dänischen Familie kennengelernt und war dort eingeladen. Wir sassen zu Tisch, der Vater, zwei Söhne 17 und 15, ich und die kleine süsse Schwester, die etwa zwölf war und schon Pfeife rauchte, ein völlig normaler Vorgang im weltoffenen Dänemark. Alle sprachen gut Deutsch und Lotte sprach meine Muttersprache perfekt, mit dem kleinen angenehmen Akzent der Skandinavier. Ich war gerade 17 Jahre alt geworden. Lotte lächelte mir zu. Sie mochte mich sehr und ich sie auch, doch sah ich sie als Göre und keineswegs als Frau. Plötzlich und unerwartet kam der Satz ( wohlgemerkt von einem kleinen, gerade mal zwölfjährigen, pfeiferauchenden Mädchen ) unter den Augen und natürlich auch Ohren ihres Vaters: Wenn Du dann nächstes Jahr vorbeikommst bin ich 13, dann will ich mit Dir schlafen. --- Ich hätte im Boden versinken können so peinlich war mir die Situation, im Gegensatz zu Lottes Familie, die mich feixend beobachtete. Dann sagte ihr Vater zu mir: Nimm Deinen Notizkalender schreib es Dir auf und enttäusche nächstes Jahr meine Tochter nicht.
War dies nun Ernst gemeint oder wurde ich hier grob veralbert ?
Das Lotte es wirklich Ernst gemeint hatte erfuhr ich etwa 7 jahre später in einer Sylvesternacht - bei meinem nächsten Besuch.

Montag, 8. Januar 2007

Wie alles anfing

Wie alles anfing !
Ich hätte ja auch beim Finanzamt landen können, als Sachbearbeiter zum Beispiel oder bei der Post. Aber Gott sei Dank gab es an unserer Schule im Hessischen einen Lehrer der dies tatkräftig verhinderte. Ich habe nie im Leben einen schlechteren Pädagogen kennengelernt als Erich Früh ( Name geändert ). Im zarten Alter von 17 Jahren hasste ich niemanden, Love and Peace war unser Motto. Dummerweise gehöre ich nicht zu den heute vielgescholtenen 68 ern, dazu bin ich etwas zu jung. Trotzdem fanden wir 1968 -1972 die 68 er ätzend, denn sie waren drei, vier Jahre älter als wir, hatten dadurch schon einen Führerschein und bekamen dadurch die besten Mädchen ab. Ich glaube die achtundsechziger werden heute von den Jüngeren einzig und allein für alles verantwortlich gemacht was in der Gesellschaft so schief geht, aus später Rache für damals.
Jetzt habe ich endlich auch gemerkt das ich mal wieder den Faden verloren habe - gut zurück zum Thema: wir waren nicht so sehr politisch drauf wie die 68 er, sondern standen mehr auf Love and Peace. Da Love damals noch nicht so einfach war blieb für viele nur Peace übrig. Ich hasste also Erich nicht aber er mich. Warum ist mir bis heute unerklärlich. Vielleicht wegen meiner langen Haare oder weil ich seine Autorität in Frage stellte. Dummerweise war Erich mein neuer Deutschlehrer ( Oberstufe ). Deutsch war bis dahin eines meiner leichteren Übungen gewesen und hatte mit wenig Arbeitsaufwand eine 2 erbracht. Bei Erich war das anders,. Wir schrieben im Jahr so etwa 8 Gesinnungaufsätze. Es gab ein oft aktuelles Thema, 2 Stunden Zeit und 8 Seiten Papier, dann mußte man seine Meinung über das Thema zu Papier bringen. Weil die Fragestellungen immer mit immer mit den gleichen Worten begannen, entschloß ich mich die Antworten auch immer mit dem gleichen Wort zu beginnen, nämlich mit: heutzutage. Außerdem wollte ich keinen 08/15 Aufsatz sondern versuchte immer relativ komplexe Gedankengänge aufs Papier zu bringen. Was bisher immer honoriert wurde ging bei Erich völlig in die Hose. Thema verfehlt: 6. Beim nächsten Aufsatz das Gleiche. Thema verfehlt: 6. Beim folgenden Ausatz hielt ich meine Gedanken im Zaum, wählte eine Schlichtlösung und siehe da: Thema verfehlt: 5. Auf Argumente das andere ja ähnliche Meinungen vertreten hätten als ich und mit 2 benotet seien antwortete Erich erst gar nicht.
Erst beim nächsten Aufsatz begriff ich was Erich wollte: mich einfach absägen, egal wie ich mich verhalte. Ich hatte gerade mein " heutzutage " auf den Zettel geschrieben, da kam Erich, nahm ihn mir weg und kritzelte auf die Seite 8 die Benotung: 5 und dies nach einer Minute.
Leider komme ich aus einem armen Elternhaus, einem Arbeiterhaushalt. Ich habe meinen Eltern nichts vorzuwerfen, sie haben mich liebevoll behandelt und gefördert wo immer es ging, aber in solchen Konfliktsituationen ist es einfach hilfreich seine Rechte zu kennen, kämpferische, intellektuelle Eltern zu haben, die eben nicht obrigkeitshörig sind und glauben alles habe seine Richtigkeit was ein Lehrer so macht.
Ich Idiot jedenfalls schrieb einfach weiter, bis die 8 Seiten voll waren. Beim nächsten Aufsatz und der Blitzbenotung nach einer Minute nahm ich die Zettel, ging ans Fenster, zündete sie an und ging. Heute weiß ich was ich hätte tun sollen nämlich die Zettel nehmen und zum nächsten Anwalt gehen oder zum Schulrat oder zum Bürgermeister oder zu wem auch immer, hätte alles erzählen sollen und Erich hätte Ärger bekommen.
So hatte ich nun den Stress, denn ich hatte völlig übersehen, daß man eine 5 in Deutsch nicht ausgleichen kann und blieb sitzen.