Mittwoch, 5. März 2008

Harald Juhnke - Leute wie Du und ich


Nova Film rief mich an, für die hatte ich schon mal bei „ Wie heirate ich eine Familie „, sie hatten zwar einen schlechten Ruf, aber da war nichts dran. Sie zockten zwar wegen jeder Mark aber Sie zahlten ohne zu murren Tarif, das Geld kam überpünktlich. Vielleicht lag es auch an Otto Meisner, dem etwas cholerischen Chef, der schon ein wenig merkwürdig war. Er regte sich über alles auf und wollte dann seine Meinung bestätigt haben indem er sagte: Nicht wahr, nich, nich.
Mit Juhnke war es zu dieser Zeit sehr schwer zu drehen. Bei der letzten Folge hatte er gesoffen und sich in Desiree Nosbusch verliebt, der Dreh wurde abgebrochen. Deshalb gab es einen Notplan. War Juhnke trocken, hieß die einstündige Sendung mit vier Filmen: Leute wie Du und ich, soff er wurden für seine Rollen andere Schauspieler engagiert, die standen Stand bye und das ganze hieß dann: So oder so ist das Leben.
Juhnke war trocken und ich erlebte einen brillianten, genialen Schauspieler, der ohne Probleme seine Mitschauspieler hätte an die Wand spielen können. Aber Juhnke war ein guter Kollege, hilfsbereit denen gegenüber die mal ihren Text vergessen hatten, er war humorvoll, ein Charmeur. Er machte keinen Unterschied zwischen Regisseur oder Beleuchter, er behandelte alle gleich: höflich und mit Respekt. Man konnte ihn nur für seine Art lieben, es macht mich traurig, daß er so enden mußte. Er war ein guter Kerl, hatte ein unglaubliches Talent, Charakter, kurzum der perfekte Entertainer.
Wir drehten einmal auf einem Ausflugsboot auf dem Wannsee. Vom Boot nebenan hörten wir per Lautsprecher: Liebe Gäste auf dem Nachbarschiff dreht gerade Harald Juhnke einen Film. Das andere Boot wollte gerade ablegen, da entschuldigte Juhnke sich, brach den Dreh ab und sagte bloß: Ik geh mal wat für die Einschaltquote tun. Er ging auf das Deck winkte den Leuten auf dem anderen Schiff zu, die stürzten natürlich alle auf die eine Seite um Juhnke zu sehen, sodaß das Schiff in eine bedrohliche Schräglage kam: Juhnke palaverte 15 Minuten mit den Leuten, beantwortete höflich auch die dümmsten Fragen und kam dann zurück zum Dreh. Wißt ihr, sagte er, die Leute sind so treue Fans, da kann ich nicht einfach weiterdrehen, die haben das Recht, daß ich diese Treue erwidere und zumindest kurz mit ihnen spreche, alles andere wäre eine Schande für jemanden wie mich, der auch aus kleinen Verhältnissen kommt. Und das war kein Spruch, Harald meinte das wirklich ernst und das es stimmt was er sagte merkte ich fast 2 Jahre später. Als Kamera-Assistent hatte ich zwar eine sehr wichtige Position, war aber dennoch ein relativ kleines Licht.
Ich war in die Podbielskiallee umgezogen, brachte gerade Renovierungsmüll zum Mülleimer, der an der Strasse stand. Ich hatte nur gesehen, das ein elegant angezogener Mann etwa 200 m hinter mir spazieren ging. Plötzlich hörte ich diese markante Stimme hinter mir: Wat denn, wat denn, seit wann biste bei de Müllwerker, ik dacht Du bist beim Film. Es war Harald, ich hatte ihn zwei Jahre lang nicht gesehen und nur einmal mit ihm gedreht, er wußte sogar meinen Namen, erkundigte sich danach ob ich auch gut zu tun habe. Ich war total baff. Ein Star, der Menschen nicht vergisst, mit denen er nur eine kleine Zeit seines Lebens zusammen verbracht hat, unglaublich. Harald war immer ein Mann aus dem Volke, er hat niemals seine Herkunft verleugnet, sich dafür geschämt und er hat immer ein Herz für jene gehabt, die eben kleine Leute geblieben sind. Für mich ist er einer der wirklich wahren Volksschauspieler, denn er verachtete nicht sein Publikum oder seine Fans und waren sie noch so prollig, er respektierte sie und war ihnen dankbar.
Harald ich hoffe Dir geht es gut da oben an der Himmelsbar.
Bei diesem Dreh war übrigens Otto Meisner der Produzent super spendabel. Da alles gut funktionierte waren wir immer pünktlich fertig, es war auch Dank Juhnke ein harmonischer Dreh und Otto kam mehrmals an den Drehort tätschelte uns und sagte uns das wir die Größten seien. Das war sonst nicht gerade seine Art. Er ließ Kuchen kommen, extra Essen und war überglücklich das alles lief.
Das nächste Mal kommen wir zu einem ebenfalls berühmten, aber doch völlig anderen Menschen, nämlich Rainer Werner Fassbinder.

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